Hast du beim Online-Shopping auch schon mal die Option „Jetzt kaufen, später bezahlen“ gesehen? Sie blinkt verlockend neben dem Warenkorb-Button und verspricht sofortige Wunscherfüllung ohne sofortige Belastung deines Kontos. „Buy Now, Pay Later“ (BNPL) ist auf dem Vormarsch – und wie! Wusstest du, dass laut einer Umfrage von Riverty bereits ein Drittel aller Online-Käufe in Deutschland 2023 per BNPL bezahlt wurden? (Quelle: E-Commerce Magazin).
Kein Wunder, denn BNPL klingt erstmal super praktisch. Aber wie funktioniert das genau? Welche Anbieter gibt es? Und vor allem: Ist das wirklich so risikolos, wie es oft scheint, oder lauern hier versteckte Kosten und Gefahren, gerade wenn man seine Ausgaben fest im Blick behalten möchte? In diesem Beitrag nehmen wir BNPL in Deutschland genau unter die Lupe, damit du eine informierte Entscheidung treffen kannst.
Was ist Buy Now, Pay Later (BNPL) eigentlich?
Im Grunde ist BNPL eine Art kurzfristiger Kredit, der dir beim Einkaufen angeboten wird. Statt den vollen Betrag sofort zu zahlen, kannst du wählen:
- Später bezahlen: Du erhältst die Ware sofort, bezahlst die Rechnung aber erst nach einer bestimmten Frist (oft 14 oder 30 Tage). Das ist im Prinzip der klassische Kauf auf Rechnung, nur oft über einen externen Dienstleister abgewickelt.
- Ratenzahlung (Teilzahlung Online): Du teilst den Kaufbetrag in mehrere kleinere Raten auf, die über einige Wochen oder Monate verteilt fällig werden.
Der Clou: Oft wird mit „0% Zinsen“ geworben, zumindest für die kurze Zahlpause oder die ersten Raten. Die Abwicklung übernimmt dabei meist nicht der Händler selbst, sondern ein spezialisierter Finanzdienstleister.
Wer bietet BNPL in Deutschland an? Die Platzhirsche im Überblick
Der deutsche BNPL-Markt ist in Bewegung und wächst rasant. Einige Anbieter kennst du bestimmt schon:
- Klarna: Der schwedische Riese ist wohl der bekannteste BNPL-Anbieter. Mit über 15 Millionen aktiven Kund:innen in Deutschland (Quelle: Onlinehändler News) ist Klarna weit verbreitet. Interessant: Nicht nur junge Leute nutzen Klarna – auch bei den Millennials (ca. 26-41 Jahre) sind es 43% und bei der Generation X (ältere 30er/40er) immerhin 36%, die gezielt Klarnas BNPL-Funktion wählen (Quelle: Facebook/Opresnik).
- PayPal „Später Bezahlen“: Fast jeder Online-Shop bietet PayPal an. Und wo PayPal ist, ist oft auch die Option „Später Bezahlen“ (Zahlung nach 30 Tagen oder Ratenzahlung) nicht weit. Laut EHI bieten fast 95% der Top-1000 Online-Shops PayPal an (Quelle: EHI Online-Payment Studie 2023). Damit ist diese BNPL-Variante extrem weit verbreitet.
- Afterpay (jetzt Teil von Riverty): Auch dieser Anbieter wächst kräftig in Deutschland. Genaue Nutzerzahlen sind selten, aber Indikatoren wie ein Umsatzwachstum von rund 100% im Geschäftsjahr 2021 (Quelle: FinanceFWD) und ein allgemeiner Anstieg der Kleinkredit-Verträge um ca. 30% (oft durch BNPL) (Quelle: Cardscout) zeigen die Dynamik.
- Ratepay: Dieser Anbieter hat sich auf Rechnungskauf und Ratenzahlung spezialisiert und ist besonders beliebt bei Händlern mit höherpreisigen Sortimenten wie Elektronik und Möbeln. Hier schätzen Kunden die Möglichkeit, größere Anschaffungen über Raten zu finanzieren (Quelle: Ratepay).
Die Sonnenseite: Warum ist BNPL so beliebt? (Vorteile)
Die wachsende Beliebtheit von BNPL kommt nicht von ungefähr. Für dich als Kunde gibt es einige klare Vorteile:
- Flexibilität: Du musst nicht sofort den vollen Betrag aufbringen, sondern kannst die Zahlung aufschieben oder aufteilen. Das schafft finanziellen Spielraum.
- Bequemlichkeit: Der Prozess ist meist nahtlos in den Checkout integriert und mit wenigen Klicks erledigt.
- Erst prüfen, dann zahlen: Besonders beim Online-Kauf von Kleidung oder Schuhen ist das praktisch. Rund 45% der BNPL-Nutzer schätzen es, die Ware erst in Ruhe prüfen zu können, bevor sie bezahlen (Quelle: E-Commerce Magazin). Das reduziert das Risiko eines Fehlkaufs.
- Manchmal zinsfrei: Viele Anbieter locken mit zinsfreien Zahlungszielen (z.B. 30 Tage) oder Ratenplänen ohne Aufschlag.
- Überbrückung von Engpässen: Wenn eine wichtige Anschaffung ansteht, das Gehalt aber erst nächste Woche kommt, kann BNPL eine kurzfristige Lösung sein.
Auch für Händler lohnt sich BNPL: Studien zeigen, dass das Angebot solcher Optionen die Kaufbereitschaft (Conversion Rate) und sogar den durchschnittlichen Warenkorbwert erhöhen kann. Eine Studie der Uni Frankfurt in Kooperation mit Ratepay fand beispielsweise heraus, dass ein BNPL-Angebot bei einem Möbelhändler den Umsatz um ca. 20% steigern konnte (Quelle: Ratepay/Uni Frankfurt).
Die Schattenseite: Worauf musst Du achten? (Nachteile & Risiken)
So verlockend BNPL auch klingt, es ist wichtig, die potenziellen Nachteile und Risiken zu kennen – gerade wenn du deine Finanzen im Griff behalten willst:
- Gefahr der Überschuldung: Das ist das größte Risiko. Die einfache Verfügbarkeit und die kleinen Raten können dazu verleiten, mehr zu kaufen, als man sich eigentlich leisten kann. Schnell verliert man den Überblick über die vielen offenen Beträge bei verschiedenen Anbietern. Die Verbraucherzentrale NRW warnt eindringlich davor, dass BNPL eine „Kostenspirale mit hohen Zinsen und Gebühren“ auslösen und im schlimmsten Fall in die Schuldenfalle führen kann (Quelle: Verbraucherzentrale NRW). Auch Schuldnerberatungen wie die Diakonie berichten 2024 von zunehmend mehr Problemfällen durch BNPL (Quelle: Diakonie Deutschland).
- Versteckte Kosten und Gebühren: Die beworbene „0% Finanzierung“ gilt oft nur für einen kurzen Zeitraum oder unter bestimmten Bedingungen. Verpasst du eine Zahlungsfrist, können hohe Mahngebühren und Verzugszinsen anfallen. Bei Ratenzahlungen über längere Zeiträume sind oft von vornherein Zinsen einkalkuliert. Die Verbraucherzentrale NRW kritisiert zudem die mangelnde Transparenz bei einigen Anbietern (z.B. Klarna): Oft werden mehrere Käufe in einem Vertrag gebündelt, was es schwer macht, den Überblick über einzelne Forderungen zu behalten (Quelle: Verbraucherzentrale NRW). Kleine Raten lassen die Gesamtschuld schnell größer erscheinen, als sie auf den ersten Blick wirkt.
- Auswirkungen auf deine SCHUFA und Bonität: Ja, auch BNPL kann deine Kreditwürdigkeit beeinflussen! Rechtlich handelt es sich oft um einen Kreditvertrag. Birgit Vorberg von der Verbraucherzentrale NRW warnt: Viele kleine BNPL-Kredite können die Bonität ruinieren, weil man schnell den Überblick verliert (Quelle: FinanceFWD). Bisher wurden viele BNPL-Kredite unter 200 Euro oft ohne SCHUFA-Prüfung vergeben und nicht gemeldet. Das Problem: Man konnte leicht viele solcher Kleinstkredite anhäufen, ohne dass es auffiel (Quelle: Cardscout). Wichtig: Wenn du Zahlungen versäumst, kann das zu einem negativen SCHUFA-Eintrag führen!
- Datenschutz: Bei jeder BNPL-Transaktion sind neben dir und dem Händler noch Dritte im Spiel (Klarna, PayPal, Ratepay etc.). Das bedeutet, du teilst deine persönlichen und finanziellen Daten mit weiteren Unternehmen. Diese führen in der Regel eine Bonitätsprüfung durch, oft über Auskunfteien wie die SCHUFA. Diese Anfragen und die Kredite selbst können (je nach Ausgestaltung) deinen Score beeinflussen.
Praxisbeispiel: Annas Möbelkauf – Wie BNPL aussehen kann
Stell dir vor, Anna möchte ein neues Sofa für 800 € kaufen. Der Online-Shop bietet verschiedene Zahlungsarten, darunter BNPL über Anbieter X:
- Option 1: „Zahlung in 30 Tagen“: Anna bekommt das Sofa sofort und muss erst nach 30 Tagen zahlen. Wenn sie pünktlich zahlt, fallen keine zusätzlichen Kosten an. Super, wenn sie auf ihr nächstes Gehalt wartet.
- Option 2: „Ratenzahlung über 12 Monate“: Anna zahlt 12 Monate lang ca. 70 € pro Monat. Klingt erstmal machbar. Aber: Anbieter X berechnet hierfür z.B. 9,9% Zinsen p.a. effektiv. Am Ende zahlt Anna also nicht 800 €, sondern ca. 840 €. Das muss ihr bewusst sein.
- Das Risiko: Anna vergisst die Zahlung nach 30 Tagen (Option 1) oder kann eine Rate (Option 2) nicht pünktlich zahlen. Jetzt schickt Anbieter X eine Mahnung mit Mahngebühren (z.B. 5 €) und berechnet Verzugszinsen. Wenn sie weiterhin nicht zahlt, droht ein Inkassoverfahren und ein negativer SCHUFA-Eintrag.
Dieses einfache Beispiel zeigt: BNPL kann praktisch sein, birgt aber bei Zinsen oder Zahlungsverzug zusätzliche Kosten und Risiken.
BNPL verantwortungsvoll nutzen: Deine Checkliste
Damit du die Vorteile von BNPL nutzen kannst, ohne in die Falle zu tappen, hier ein paar Tipps für den bewussten Umgang:
- Budget-Check: Frage dich vor jedem Kauf, ob du dir das Produkt auch leisten könntest, wenn du es sofort bezahlen müsstest. BNPL sollte keine Dauerlösung sein, um über deine Verhältnisse zu leben.
- Überblick behalten: Nutze maximal ein oder zwei BNPL-Anbieter und führe Buch über deine offenen Zahlungen und Fristen. Viele Anbieter haben Apps, die dabei helfen – nutze sie aktiv!
- AGB und Kosten verstehen: Lies genau nach: Gibt es Zinsen? Wie hoch sind Mahngebühren? Welche Fristen gelten? Lass dich nicht von „0%“-Werbung blenden.
- Pünktlich zahlen: Richte dir Erinnerungen ein oder nutze Daueraufträge, um keine Frist zu verpassen.
- Alternative prüfen: Ist der Kauf wirklich nötig? Kannst du vielleicht noch sparen oder gibt es günstigere Alternativen?
- Vorsicht bei vielen kleinen Beträgen: Gerade viele kleine BNPL-Käufe summieren sich schnell und machen den Überblick schwer.
- Hilfe suchen: Wenn du merkst, dass du den Überblick verlierst oder Zahlungen schwierig werden, suche frühzeitig Hilfe bei einer Schuldnerberatungsstelle (z.B. von Caritas, Diakonie oder Verbraucherzentralen).
Rechtliche Aspekte & Aktuelle Trends: Was ändert sich?
Der Gesetzgeber hat die Risiken von BNPL erkannt. Eine wichtige Änderung steht bevor: Künftig soll EU-weit auch für BNPL-Kredite unter 200 Euro eine verpflichtende Bonitätsprüfung eingeführt werden (Quelle: Cardscout). Das soll helfen, Überschuldung besser vorzubeugen. Auch die SCHUFA arbeitet an speziellen Verfahren, um BNPL-Daten fair zu bewerten, ohne den Score unnötig zu belasten (Quelle: FinanceFWD). Mehr Transparenz bei Kosten und Datenverarbeitung wird ebenfalls von Verbraucherschützern gefordert.
Fazit: BNPL – Dein bewusster Umgang entscheidet
Buy Now, Pay Later ist eine bequeme Zahlungsmethode, die dir Flexibilität beim Online-Shopping bieten kann. Die Möglichkeit, Waren erst zu prüfen oder größere Anschaffungen aufzuteilen, ist attraktiv.
Aber: BNPL ist kein Freifahrtschein für unbegrenzten Konsum. Die Risiken – allen voran die Überschuldungsgefahr durch mangelnden Überblick und versteckte Kosten – sind real. Besonders für dich als jemand, der bewusst mit Geld umgeht, ist es wichtig, BNPL mit Bedacht einzusetzen.
Nutze es als Werkzeug, nicht als Krücke. Behalte deine Ausgaben im Blick, verstehe die Konditionen und zahle pünktlich. Dann kann BNPL eine sinnvolle Ergänzung deiner Zahlungsoptionen sein. Wenn du aber merkst, dass es dich zu unüberlegten Käufen verleitet oder du den Überblick verlierst, lass lieber die Finger davon.